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Mein Journal macht Sommerurlaub – oder auch nicht.

Der Sommer fühlt sich für mich heuer anders an als in all den Jahren davor. Ich hatte entweder Sommer, in denen ich dank anspruchsvoller Aufträge durchgearbeitet habe, ohne viel aufzuatmen oder Sommer, in denen ich mir bewusst einige Wochen Auszeit nahm, länger verreiste und abschaltete. Heuer ist von allem etwas dabei.

Vor Ort-Einsätze beim Kunden wechseln sich regelmäßig mit ein paar Tagen Urlaub irgendwo, dazwischen eine Woche intensive Ausbildung im Ausland, dann wieder eine Woche Schreibretreat am Berg, wo ich an meinem Buch arbeitete. Insgesamt sehr viel unterwegs, oft nur wenige Tage daheim, um den Koffer umzupacken und meinen Garten daran zu hindern, während meiner Abwesenheit zum Dschungel zu werden.

Jede Woche anders, jede Woche ein anderer Fokus. Trotz guter beruflicher Auslastung Alltagsroutine ausgeschlossen. Und das genieße ich zur Zeit sehr. Meine mittlerweile erwachsene Tochter geht ihrer Wege und ist ebenfalls kaum daheim. Manchmal laufen wir uns zu Hause über den Weg und sind gleichermaßen überrascht wie erfreut, uns zu sehen. Das Gefühl, nicht zu bestimmten Zeiten zu Hause sein zu müssen, gleicht einem Gefühl der unendlichen Freiheit.

Dieses leichtfüßige, abwechslungsreiche Sommer-Erleben macht sich auch in meinem Journal bemerkbar. Wenn ich es durchblättere und lese, was ich die letzten Wochen so geschrieben habe, fällt mir auf:

  • Ich habe mich aus gepäckstechnischen Gründen von dem Gedanken, mehrere Notizbücher für unterschiedliche Schreibziele zu verwenden de facto verabschiedet. Da geben sich die Ideen für meinen Kriminalroman den Notizen aus Auftragsklärungsgesprächen die Hand. Auf einer Seite eine Liste mit Highlights unserer spontanen Reise mit dem Campervan, auf der gegenüberliegenden Seite Skizzen für eine neue Workshop-Idee.
  • Ich schreibe deutlich mehr, wenn ich unterwegs bin. Wenn ich woanders bin, beobachte ich Neues, werde inspiriert, bin vor allem aber nicht abgelenkt von Waschmaschine, Rasenmäher & Co.
  • Weniger To Do-Listen, mehr Kreativität. Statt Schreiben, um den Überblick nicht zu verlieren, lasse ich (viel mehr) fließen, was kommt. Oder eben nicht. Da wird gekritzelt und geschnipselt, ein Bild eingeklebt oder seitenweise drauflos geschrieben. Schreiben darf leicht sein – und auch ein paar Tage mit mir ruhen.

Die technische Frage, ob Journaling sowas ist wie Tagebuchschreiben oder was anderes, was „reflektiveres“ und ob das eine mehr beruflich oder das andere mehr privat ist, ist für mich nicht relevant. Mein Notizbuch ist einfach mein ständiger Begleiter – in der Laptoptasche gleichermaßen wie in der Strandtasche oder im Wanderrucksack.

Am Ende des Sommers wird das Buch abgegriffen sein, der Sand wird zwischen den Seiten rausrieseln, das eine oder andere Eselsohr wird Stellen markieren, an die ich mich besonders gerne erinnere. Besser als jedes Fotoalbum. Weil nicht nur Momente aneinandergereiht werden, sondern eine Entwicklung über eine Zeitspanne sichtbar wird – auch wenn ich dieses „Album“ niemandem zeigen werde, aber darauf kommts ja nicht an. Schreiben ist etwas für einen selbst. Texte, die ich veröffentlichen möchte (so wie dieser) werden abgetippt, geschliffen, überarbeitet. Aber der Ursprung jeder Idee ist irgendwann irgendwo durch meine Füllfeder in mein Notizbuch geflossen.