Letztens sitze ich mit einer Beraterkollegin an einem gemütlichen Abend bei einem Glas Wein. Wir unterhalten uns gut, nicht ohne etwas fachzusimpeln. Sie zeigt mir eine Unterlage, die sie für einen Kunden gestaltet hatte und fragt mich, wie diese mir gefalle.
„Ja“, sage ich nach einem kurzen Blick. „Sieht sehr gut aus!“
„Meinst du?“ Irgendwie wirkt sie nicht ganz zufrieden, obwohl am ersten Blick inhaltlich nichts fehlte und es sehr professionell gestaltet war.
„Ja, – und du könntest noch diesen einen Absatz weiter nach vorne ziehen, dann kommt er besser zur Geltung.“
Sie beginnt, Absätze und eingefügte Bilder zu verschieben. Durch den veränderten Gesamteindruck fällt ihr plötzlich noch eine zusätzliche Idee ein. Diese Idee löst bei mir wieder etwas aus.
„Ja, sehr gut – und….“
So verbringen wir den Abend schlagartig damit, uns gegenseitig mit Ideen zu befeuern und diese in der Präsentation sofort umzusetzen. Eines ergibt das andere, das Ergebnis wird immer besser.
„Ja, das ist es, jetzt passts!“ ruft sie fröhlich und klappt den Laptop zu. „Du hast mir jetzt unglaublich geholfen!“

Co-Kreation
Mittlerweile war es Mitternacht geworden und die Weinflasche war leer. Meine Empfehlung ist nun allerdings nicht, Kundenpräsentationen grundsätzlich nächtens mit Weinbegleitung zu erstellen, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Kann man natürlich versuchen, ich vermute allerdings, daran hat es nicht gelegen.
Ich hatte nicht das Gefühl, sonderlich viel zum Ergebnis beigetragen zu haben. Die Arbeit mit dem Präsentationsprogramm hatte sie ja alleine gemacht. Ich hatte nur einige „und…“ ergänzt und eine scheinbar blöde Verständnisfrage gestellt. Trotzdem hatte auch ich ein zufriedenes Gefühl, schon allein deshalb, weil sie sich so über die fertige Unterlage freute, an der sie sonst am nächsten Tag noch stundenlang herumgetüftelt hätte.
Das was uns hier gelungen war, kann man Co-Creation nennen oder Collaboration, schlichtweg Zusammenarbeit oder fast schon altmodisch „Teamwork“. Egal welcher Begriffsdefinition man folgt: Dass das Ganze mehr ist als die Summe aller Teile ist eine alte und noch immer gültige Weisheit. Doch nicht immer gelingt das so leicht.

„Ja, und…!“ statt „Ja, aber…!“
Um die Ideen – und auch die Freude daran – sprühen zu lassen hilft ein lösungsfokussierter Zugang. Mit einem „Ja, aber….“ – auch wenn der Einwand berechtigt ist – erreicht man meist nur, dass jede*r versucht zu beweisen, wer Recht hat.
Mit „Ja, und….“ wird wertgeschätzt was da ist, eine weitere Idee baut darauf auf. Es darf etwas wachsen, sich entwickeln. Am Ende kann man nicht mehr sagen, wessen Idee in welcher Form ins Gesamtergebnis eingeflossen ist. Das spielt auch keine Rolle, es dürfen sich alle über das Ergebnis freuen.
Probieren Sie daher folgendes: Wenn in nächster Zeit ein*e Kolleg*in oder ein*e Mitarbeiter*in einen Vorschlag unterbreitet, antworten Sie mit einem Ja, und…!“ und beobachten Sie, wieviel sich alleine dadurch verändert. Es wird Grund zur Freude geben!

Die Übung Das „Ja, und…! – Ritual ist entnommen aus: „50 inspirierende Ideen für Führungskräfte – Lösungen auf der Spur“ von Elfie J. Czerny & Dominik Godat (Hrsg.), erschienen im Versus Verlag. Mehr dazu auch auf: www.solutionfocusedleadership.com.