Die Kunst der Lösungsfokussierung liegt darin, die Aufmerksamkeit sehr konsequent vom Problem weg zur Lösung zu lenken. Diese Methode geht davon aus, sich auf vorhandene Ressourcen, Möglichkeiten und Ziele zu konzentrieren und keine Energie auf die Probleme und deren Entstehung zu verschwenden. In meiner Führungs- und Beratungsarbeit wende ich diese Methode seit vielen Jahren bewusst an und weiß daher, dass sie gut funktioniert. Eine lösungsfokussierte Grundhaltung hilft, um mit vorhandenen Ressourcen das maximal Mögliche zu erreichen. Nicht nur in Führungssituationen, sondern in allen Lebenslagen.

Ich gehöre zu den Menschen, die neben ihren beruflichen und alltäglichen Herausforderungen versuchen, Zeit und Muße zum Schreiben von kreativen Texten zu finden. Und da scheitere ich oft an allen möglichen Formen der Prokrastination. Immer ist irgendetwas anderes dringender oder drängt sich ablenkend in den Vordergrund. Um mit sich selbst Zeiten „nur“ zum Schreiben zu vereinbaren, könnte ich mir ein „Writing Retreat“ gönnen, an einem Ort, wo ich Urlaubsfeeling und kreativ-inspirierende Schreibeinheiten verbinden kann. Mache ich aber nicht, wenn ich meine Freizeit mit meiner Familie verbringen möchte.

…und manchmal kommt es ganz anders.

Wir buchten heuer eine Woche Skiurlaub in einem schönen Hotel am Arlberg. Die Tochter beschwor uns mehrmals täglich, immer und überall die Maske brav aufzusetzen, um diesen Urlaub nach fast zwei Jahren Skifahr-Pause auf keinen Fall zu gefährden. Das haben wir natürlich gemacht. Vor lauter Freude, dass wir alle gesund und gut gelaunt waren und jede Menge frischer Pulverschnee unter dem blitzblauen Himmel glitzerte, riss ich mir gleich am ersten Skitag das Kreuzband im rechten Knie.

Natürlich könnte ich sehr gut darüber jammern, dass ich nun etliche tolle Abfahrten und atemberaubende Aussichten versäume. Natürlich wurde mein Ärger über den einen unkonzentrierten Moment, der zu einem an sich harmlosen Sturz führte nicht kleiner als meine Kreditkarte beim nächstgelegenen Unfallarzt glühte. An die bevorstehenden Wochen und Monate mit Therapien und langwierigem Training mag ich gleich gar nicht denken. Gerne Skifahren zu gehen und im Winter in einem der größten und schönsten Skigebiete tagelang im Tal sitzen zu müssen, fühlt sich an, als wäre ich zur falschen Zeit an einen falschen Ort gebeamt worden. Doch was hilft es, darüber zu grübeln? Davon wächst keine einzige Muskelfaser wieder zusammen.

Lösung statt Problem.

Nach einer schlaflosen Nacht und überwundenem Erst-Schmerz setze ich mich mit geschientem Bein auf die Sonnenterasse. Dort sitzt eine Leidensgenossin mit hochgelagertem Knie, mit der ich mich über Unfallhergang und Therapiemöglichkeiten austausche. Nur so viel bis sich das beruhigende Gefühl des nicht-alleine-seins einstellt.

Während Mann und Tochter noch ein paar Tage die Pisten unsicher machen, hole ich den sowieso immer eingepackten Notizblock aus der Tasche und betrachte die persönliche Schreib-To-Do-Liste. Längst fälliger Artikel, Vorbereitung für ein Online-Schreibtraining, halb fertiger Plot für den dritten Teil einer Kurzkrimi-Serie,… Wann hätte ich das bloß alles fertig geschrieben, wenn nicht genau jetzt? Writing Retreat statt Skiurlaub. Zuversicht statt Verzweiflung. Lösung statt Problem.