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Weckt eure schönen Notizbücher!

Kennst du das Schicksal von besonders schönen Notizbüchern? Diese Notizbücher, die im gut sortieren Schreibwarenhandel ganze Regalwände füllen? Und oft mehr kosten als die „richtigen“ Bücher, die bereits gefüllt mit Romanen, Kochrezepten oder guten Ratschlägen angeboten werden?

Früher sagte man einfach Tagebuch, in den letzten Jahren ist um das „Journaling“ oder auch „Bullet Journaling eine ganze Industrie entstanden mit einschlägigem Angebot zu Papier, Stiften, Farben, Stickern, Vorlagen, Einbänden, Stiftehaltern, Linealen und vielem mehr.

Viele dieser Notizbücher mit edel und farbig gestalteten Einbänden und angenehm glattem Papier schlummern in Schubladen vor sich hin. Kaum klappst du sie auf, rufen Sie „Benutze mich!“, „Schreibe mir etwas auf!“ Und dann legen wir das gebundene Papier wieder unbeschrieben wie es war in den Schrank. Weil diese Bücher sind doch viel zu schade für die eigenen Gedanken und Ideen, für Gekritzel und Geschreibse, für unausgegorene Konzepte und verrückte Pläne. Da sollen nur die besonders guten, die druckreifen Texte hinein, am besten nur die, die mindestens gut genug für den Literaturnobelpreis sind.

Dieses Phänomen kennen selbst Menschen, die regelmäßig schreiben, sehr gut. „Schenkt mir ja keine Notizbücher!“ sage ich zur Verwunderung aller, die wissen, dass ich gerne und viel schreibe. Weil ich genau weiß, dass diese hübschen Geschenke vor Ehrfurcht meist unbenutzt bleiben.

Das ist absurd.

Das ist, als ob wir beim Sport nie das neueste T-Shirt verschwitzen wollen würden – aus Sorge, dieses T-Shirt könnte sich kränken, wenn man nur aus Spaß läuft und nicht für die olympischen Spiele trainiert.

Beim Schreiben geht es vorrangig um den Prozess des Schreibens und nicht um das Ergebnis. Erst recht beim Journaling, dem bewussten Führen eines Tagebuchs. Journaling dient dazu, sich selbst besser kennenzulernen, Klarheit zu gewinnen und sich gezielt weiterzuentwickeln. Es ermöglicht dir, mit dir in den Dialog zu treten, Gedanken- oder Verhaltensmuster zu erkennen und gezielt an dir zu arbeiten. Journaling kann dabei helfen, Stress abzubauen, kreative Blockaden zu überwinden und persönliche sowie berufliche Ziele klarer zu definieren. So ein Journal wird also zu deinem persönlichen Coach.

Die meisten Notizen lese ich nie mehr, sie sind im Moment des Schreibens wichtig, in dem Moment, wo Gedanken geordnet und sortiert werden. Über manches freue ich mich aber auch, weil ich einen Moment festgehalten habe, der mir zu diesem Zeitpunkt wichtig erschien. Ein Moment, an den ich mich sicher nicht mehr erinnern hätte können, wenn es nicht schwarz auf weiß in meiner eigenen Handschrift geschrieben worden wäre.

Wie beim Laufen oder beim Sport generell gibt es nur einen entscheidenden Schritt: den Ersten. Notizbuch aufschlagen und anfangen. Egal ob in Leder gebundenes Edel-Journal oder altes Schulheft, egal ob liniert oder kariert, egal in welcher Größe. Nimm‘ irgendwas, starte los und genieße den Effekt, wie sich dein Kopf entleert und Gedankenwirrwarr auflöst. Und du kannst es überall tun, bei jedem Wetter, zu jeder Tages- und Jahreszeit, draußen oder drinnen.

Der Stift als Rettungsanker

Das Einzige, worauf du achten solltest: Ein Stift, mit dem du wirklich gerne schreibst. Was beim Laufen die guten Schuhe sind, ist beim Schreiben der Stift. Wähle ein Schreibgerät, das gut in der Hand liegt, die Hand nicht verkrampfen lässt und deine Schrift „fließen“ lassen kann. Dazu eignen sich Tintenroller, Füllfedern oder weiche Bleistifte besonders gut.

Wenn du Lust bekommen hast, Selbstcoaching mit Journaling mal auszuprobieren, dann gibt es Gelegenheit beim Workshop: „Der Stift als Rettungsanker“ ab 5.9.2024 in Wien.

[fotocredit: canva premium]